In den vergangenen Wochen besuchten Caroline und ich die Inszenierungen von Drei Männer im Schnee in Bochum und in Mannheim. Hier ein kleiner Erlebnisbericht, der euch anregen und inspirieren soll – zum einen, die Aufführungen selber zu besuchen, zum anderen, mir Berichte eurer Theatererlebnisse mit Kästner zu schicken.
Kein Schnee in Mannheim
Meine größte Kritik zu Beginn: In
Mannheim gibt es keinen Schnee und es wird folgerichtig auch kein
Schneemann gebaut. Das ist bedauerlich und nimmt dem Stück einen
Teil seines Charakters. Geschuldet ist dies wohl dem eingeschränkten
Budget des Theaters, das mit nur einer Kulisse auskommt. Spielt die
erste Szene noch im Hause Tobler, so wird die Bühne alsbald zur
Lobby des Grandhotels in Bruckbeuren umgebaut. Und hier spielt sich
dann auch das ganze Stück ab.
Da kann Bochum ganz anders agieren: Als
Rahmenhandlung angelegt wird zunächst, noch vor dem eindrucksvollen
blutroten Vorhang, in einem Eisenbahncoupé das zweite Vorwort des
Romans in Szene gesetzt und erzählt, wie Kästner zu dem Stoff
gekommen ist. Die Eingangsszene im Hause Tobler ist dann noch recht
schlicht, doch dann entsteht auf der Bühne ein Grandhotel, das sich
sehen lassen kann. Drei Stockwerke hoch mit Lobby und Empfang im
Erdgeschoss, einer Sonnenterrasse und Appartement für Herrn Dr.
Hagedorn im ersten Stock und einer winzigen Mädchenstube unterm
Dach. Eindrucksvoller Clou auf der Drehbühne ist jedoch die
Rückseite der Hotelkonstruktion, die über die drei Etagen einem
Skihang birgt, auf dem zunächst Ski gelaufen und anschließend
Schneekugeln für den Schneemann Kasimir gerollt werden. Ein toller
Einfall, der sich natürlich nur im großen Haus verwirklichen lässt.
Auch die gesungenen Schlager der 1950er und die wiederkehrenden
Tanzeinlagen sind großes Theater.
Dagegen wirkt die Mannheimer
Inszenierung doch ein wenig provinziell, was aber durchaus gewollt
ist. So kommen die Gewinner des Preisausschreibens der Putzblankwerke
aus Mannheim und Heidelberg und die pfälzische Mundart, der sich die
Bühne verpflichtet fühlt und die vom Publikum mit Wohlwollen
goutiert wird, schleicht sich ein.
Imposante Ensembleleistung
Schauspielerisch überzeugten mich in
Mannheim die Darsteller des Portiers Polter (Norbert Petri) und des
Millionärs Tobler (Werner Heine). Besonders Heine gibt den vitalen
Senior sehr überzeugend und facettenreich. In Bochum gelingt eine
beeindruckende Ensembleleistung, die zu einem flotten Zusammenspiel
der fünf männlichen Akteure Polter, und Kühne auf der einen und
Tobler, Hagedorn und Johann auf der anderen Seite führt. Auffällig
sind dabei zudem die deftig-kölsche Frau Casparius (Bettina
Engelhardt) und eine wunderbar einfältige Frau Kunkel (Heidi
Kriegeskotte). Enttäuschend waren für mich in beiden Inszenierungen
die Darsteller von Fritz Hagedorn. War der Mannheimer Hagedorn (Knut
Frank) so blass, dass man ihm den kreativen Werbetexter nicht abnahm,
so war der Bochumer Hagedorn (Matthias Kelle) so überdreht, dass er
an einen Slapstick-Darsteller erinnerte. In beiden Inszenierungen
überzeugend dagegen die Darsteller des Johann. In Bochum der
schwergewichtige und doch bewegliche Günter Alt, in Mannheim ein
stocksteifer Wolfgang Kerbs, der sich wie C-3PO bewegt und auch fast
so spricht.
Beide Inszenierung sind uneingeschränkt
sehenswert und gerade der zeitnahe Vergleich ist sehr reizvoll.
Fazit: In Mannheim wird die Geschichte flott und unterhaltsam
erzählt, in Bochum ist sie als Kunstwerk inszeniert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen