Mittwoch, 25. Januar 2017

„Konferenz der Tiere“ in Göttingen: Hervorragende Inszenierung

GÖTTINGEN. Kolossal beeindruckend und gelungen, das fanden auch die Zuschauer im ausverkauften Jungen Theater Göttingen. Mit Getrampel, Jubel und langanhaltendem Applaus endete dort am Sonntag, 22. Januar, die Uraufführung von „Die Konferenz der Tiere“. Seit mehreren Jahren entwickelt das Junge Theater mit der Freien Theatercompany „DAS HYBRIS“ - Absolventen der Berliner Ernst-Busch-Hochschule - ein Stück, dieses Jahr nun Kästners Appell von 1949, zum Anschauen geeignet ab zehn Jahre.
Eine spannende Inszenierung als Ein-Personen-Stück mit vielen Figurenelementen und Hintergrundeinblendungen (diese von Nico Parisius) sowie Musik von Moritz Schwerin: In der Rahmenhandlung bereitet „Elisabeth“ als „UNICEF-Abgeordnete Deutschland, Schwerpunkt Kinderschutz“  am Laptop ihre Rede zur nächsten Konferenz vor. Frieden und Sicherheit für Alle, besonders für die Kinder, das ist das Ziel. Lena Wimmer spielt diese und verkörpert auch alle anderen Rollen – mit Ausnahme des „Herrn Weichmann“, (Parisius), der im Hintergrund von den „anderen Politiker-Konferenzen“ zugeschaltet wird. Mit Wahnsinnspower und großem Tempo agiert sie in diese(n) Rolle(n) hervorragend. Auch die Konzentration des Zuschauers bleibt 60 Minuten gefordert.
Mit Zeitungspapierflügeln ähnelt sie einer Friedenstaube, umspannt den Globus und berichtet von aktuellen Flüchtlingszahlen und Konfliktherden. Nun taucht die Inszenierung von Franziska Rattay ein in die Frage, „Was wäre, wenn die Tiere eine Friedens-Konferenz machen würden?“. Es folgen Tierverwandlungen, die verblüffen, und eine Schauspielerin, die sie alle spricht, murmelt, quiekt, brüllt und einzeln mit Taschenlampe beleuchtet, so dass das Publikum das „gerade sprechende Tier“ erkennt: Die Pelzkappen-Mütze wird zum mutigen Löwen, der lange Stockschirm zur weitsichtigen Giraffe, die umgedrehte Blechgießkanne mit angeklebten Ohren zum Dickhäuter Alois. Nicht zu vergessen der weiße Mülleimerdeckel-Eisbär, der rote Handfeger-Tapir und der Stier aus Nordamerika, zu erkennen am umgedrehten Holzbügel-Gehörn. Der Büroschrank wird zum Hochhaus der Tiere mit den unterschiedlichsten Abteilungen, die der phantasiebegabte Zuschauer natürlich sofort „sieht“: Dort der Polarbereich für den Eisbären, hier der Swimmingpool für den Delfin und der bunte Staubwedel ist selbstverständlich zu erkennen als Papagei-Hoteldirektor.
Die Textfassung von Rattay und Wimmer bleibt nah am Original, einiges gut aktualisiert, so auch die Forderungen, die der „General“ nach der Entführung der Kinder schließlich unterschreibt. Die Ratten, Mäuse sowie Motten, die zuvor Akten- und Kleidung vernichteten, wurden eingeblendet, während das Publikum sich über den verzweifelt wehrenden  „General“ freute. Als nach getaner Unterschrift das Licht heller wird und der „General“ das Publikum als die verloren geglaubten Kinder wieder erkennt, wirkt dies zunächst wie ein Happy End, bis „Herr Weichmann“ „Elisabeth“ zu ihrer Konferenzrede ruft, in die Realität. Erster und letzter Satz der Inszenierung: „Elisabeth,. Du schaffst das!“ Die Inszenierung hat es geschafft!

D. Ehrenheim-Schmidt

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